Dimensionen von Nachhaltigkeit

Doch zunächst ein kleiner Exkurs zum besseren Verständnis: Was genau eigentlich unter Nachhaltigkeit zu verstehen ist, darüber gibt es naturgemäß unterschiedliche Ansätze.

Viele gehen vom sogenannten Drei-Säulen-Modell aus: Erstens ökologische Nachhaltigkeit mit dem Ziel umweltfreundlichen Handelns, zweitens ökonomische Nachhaltigkeit, verstanden als effizienter und auf Beständigkeit abzielender Einsatz von Ressourcen und drittens soziale Gerechtigkeit im Sinne einer Organisation von Staat und Gesellschaft, die das friedliche und zivile Austragen von Konflikten priorisiert und Teilhabe ermöglicht.

Den Kern des Nachhaltigkeitsgedankens bringt eine Definition der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (1987) auf den Punkt:

„Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“[1]

Der Wesenskern von Nachhaltigkeit ist also die Vermeidung von Strukturen und Handlungen, die für zukünftige Generationen negative Effekte mit sich bringen.

[1] Quelle: Nachhaltigkeit in der Politik | Umweltbundesamt.




Nachhaltigkeit als Politikprogramm

Das Nachhaltigkeitskonzept hat sich in den vergangenen Jahren auf allen Politikebenen als zentrale Zielsetzung etabliert.

Am prominentesten kommt dies wohl in der Verabschiedung der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ durch die Vereinten Nationen zum Ausdruck. Die dort festgehaltenen 17 Zielsetzungen – gemeinhin als Sustainable Development Goals (SDGs) bekannt – adressieren so unterschiedliche Bereiche wie die Eliminierung von Armut, die Sicherstellung von Geschlechtergerechtigkeit oder den Bereich Industrie, Innovation und Infrastruktur.

Auf Bundes-, Landes- und Kommunenebene gehört Nachhaltigkeit in diesem breit verstandenen Sinne mittlerweile ebenfalls zu den zentralen Zielsetzungen politischen Handelns.

Konkret äußert sich dies beispielsweise in Förderprogrammen auf Landesebene oder der Erstellung von Nachhaltigkeitsstrategien und Leitbildern auf kommunaler Ebene.

Smarte Kommunen und Regionen wissen mehr und steuern präziser

Immer wichtiger wird dabei, sich als Kommune nachhaltiges Handeln nicht nur vorzunehmen, sondern definiert und messbar nachhaltig zu agieren. Hier kommt Digitalisierung ins Spiel.

Einige Kommunen in Hessen machen sich auf, zur Verfügung stehende wie auch neue Daten in verschiedenen kommunalen Handlungsfeldern systematisch zu erheben und mit Blick auf die Frage auszuwerten: Handeln wir nachhaltig? Entspricht der Einsatz von Ressourcen dem tatsächlichen Bedarf?

Das kann ganz themenspezifisch passieren: In Liederbach, Bürstadt und Frankfurt werden zurzeit mit Fördermitteln des Programms „Starke Heimat Hessen“ Systeme aufgebaut, mit denen mittels Tensiometern der Bewässerungsbedarf kommunaler Grünflächen exakt und lokal präzise bestimmt werden kann. Dies geschieht durch die Messung der Bodenfeuchte und durch den Verschnitt dieser Daten mit weiteren Informationen, etwa des Deutschen Wetterdienstes. Durch digitale Tools läuft diese Auswertung weitgehend automatisiert und soll dabei unterstützen, möglichst bedarfsgerecht zu wässern und dadurch Wasser zu sparen.

In Bad Hersfeld, Darmstadt, Bürstadt und anderen Städten kommen heute schon smarte Straßenlaternen zum Einsatz. Durch eine adaptive Steuerung, beispielsweise mittels Bewegungssensoren, können Leuchten so gesteuert werden, dass es dem Sicherheitsempfinden der Bevölkerung entspricht, aber gleichzeitig keine Dauerbeleuchtung über die ganze Nacht stattfinden muss. Das spart Energie und schont die Tierwelt.

Dieser Systematik folgen viele weitere Smart Region-Anwendungsfälle:

  • Parksuchverkehr reduzieren durch Smart Parking-Anwendungen, die die Belegung von Parkplätzen detektieren und freie Parkplätze zuweisen.
  • Leckagen-Frühwarnung-Sensorik, die frühzeitig über entstehende Schäden beispielsweise an Wasserversorgungsleitungen informiert und eine Reparatur ermöglicht, bevor größere Wassermengen versickern.
  • In größeren Städten Routen zur Leerung von öffentlichen Mülleimern optimieren, weil nur jene Anlagen angefahren werden, von denen man aufgrund einer Füllstandssensorik weiß, dass sie auch tatsächlich voll sind.

Digitales Nachhaltigkeitsmanagement in Kommunen

Diese und weitere Fälle zeigen: Kommunen, die systematisch Daten erheben und auswerten, verfügen dadurch in vielen Bereichen über Wissen, das die Einsparung von Ressourcen ermöglicht. Smarte Technologien und Anwendungen – Sensoren, kommunale Datenplattformen, KI-basierte Auswertungstools etc. – erleichtern dies erheblich. Einige Kommunen wie Bad Nauheim (siehe Artikel „Aus der Praxis“), Baunatal, Hofbieber, Darmstadt oder Frankfurt entwickeln deshalb ganzheitliche Systeme, die in wichtigen Ressourcenfeldern (z.B. Wasser, Energie) oder über alle wichtigen kommunalen Handlungsfelder hinweg ein datenbasiertes Nachhaltigkeitsmanagement ermöglichen.

Wichtig: In all diesen Fällen geht es nicht darum, die vielen klugen Köpfe in der Verwaltung und deren Wissen und Erfahrungswerte zu ersetzen. Vielmehr soll die systematische Erhebung und Analyse von Daten eine breitere Wissensgrundlage schaffen und bei der Entscheidungsfindung unterstützen.

Soziale Nachhaltigkeit in smarten Kommunen und Regionen

Die Nachhaltigkeitsdebatte zu smarten Kommunen und Regionen dreht sich gegenwärtig insbesondere um positive Umwelteffekte digitaler Lösungen.

Doch auch im sozialen Bereich wirkt Digitalisierung nachhaltig:

Der Landkreis Darmstadt-Dieburg entwickelt gemeinsam mit dem Wetteraukreis eine Datenplattform, in der alle wesentlichen Daten aus dem Bereich der Sozialplanung erfasst und ausgewertet werden. Das entlastet die Verwaltung mit Blick auf Dokumentations- und Auswertungsarbeiten, die beispielsweise bei der Erstellung von Reports automatisiert werden können. Zudem bietet sich perspektivisch die Möglichkeit, relevante Daten auch Bürgerinnen und Bürgern transparent zu machen, weil diese nicht mehr in Tabellen oder anderen schwergängigen Formaten vorliegen, sondern so standardisiert, dass sie beispielsweise in Bürger-Dashboards anschaulich dargestellt werden können.

Stadtbüchereien, die auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten kontrolliert zugängig gemacht werden können („Open Library“), Internetportale, die Bürgerbeteiligung auch für jene gesellschaftlichen Milieus öffnet, die klassischerweise nicht zu Präsenzveranstaltungen kommen oder kommen können, Stadtlabore und vieles mehr zeigen: Smarte Städte können mehr Inklusion und Teilhabe an öffentlichen Angeboten bieten. Das zahlt auch auf das SDG Nr. 4 ein: Hochwertige Bildung.

Erkenntnisse der Digitalstadt Darmstadt

Apropos SDGs und Smart City: Als eine der ersten Städte bundesweit hat die Stadt Darmstadt ausgewählte Projekte ihrer Smart City-Aktivitäten unter anderem vor dem Hintergrund der SDGs evaluiert und mit Blick auf Nachhaltigkeitseffekte bewertet. Die Ergebnisse dieser Analyse sind in einem „White Book Smart City“ dokumentiert. Nachlesen lohnt sich!

Vielen Dank fürs Teilen: