Interkommunal durchstarten für die Digitalisierung – aber wie?
NEWSLETTER März 2025 - Aus der Praxis Seite 2
Was Gießen, Limburg, Marburg und Wetzlar ursprünglich zusammengeführt hat, war die gemeinsame Überzeugung, dass es dringend notwendig ist, die Digitalisierung gemeinsam voran zu treiben. Wichtig war dabei nicht die Organisationsform, die im föderalen System in jedem der schätzungsweise 10.000 Rathäuser unterschiedlich ist, sondern die Überzeugung der Beteiligten und der Wille zur Zusammenarbeit. So sehen auch die Aufgabenbereiche der Organisationseinheiten verschieden aus. Dies wirkt sich natürlich auch auf die Beteiligung an Förderprojekten aus. Frei nach dem Agilen Manifest könnte man sagen, wir achten Individuen und Interaktion mehr als Strukturen.
Für neue Projekte ist es das A und O, die richtigen motivierten Personen frühzeitig an einen Tisch zu holen. Für das größte Förderprojekt der Digitalen Kommune@Hessen, Total Digital, wurde ein Virtuelles Competence Center mit durch Fördermittel finanzierten Stellen eingerichtet. Dabei funktioniert es nicht, erst nach Bewilligung mit der Suche nach Personal zu beginnen. Die kurzen Förderzeiträume von zwei Jahren benötigen einen Kickstart: Bei Antragserstellung müssen die „Eltern“/Paten des Projekts geklärt sein, sie tragen die Vision weiter über den Projektzeitraum und darüber hinaus und leisten in den ersten Monaten operative Unterstützung und Betreuung für das umsetzende Personal – das vorab schon gesucht und pünktlich zum Projektstart nach Bewilligung eingestellt wurde. Jeder Tag Verzögerung beim Personal verzögert das Gesamtprojekt und steigert die Belastung der Projektpaten.
Die Einigung auf (digitale) Kommunikationswege, Strukturen und technische Werkzeuge ist Handwerkszeug für erfahrene Projektmanagerinnen und Projektmanager, wie es sie vielfach in der Verwaltung gibt. Allerdings wächst die Aufgabe mit der Projektgröße. Bei unseren Beispiel-IKZ, wo die Städte 100 Kilometer auseinanderliegen, hat sich gezeigt, dass ein gemeinsames digitales Heim, ein Intranet, ein Schlüssel zu schneller und effizienter Zusammenarbeit ist. Bei größeren Projekten lohnt sich eine Trennung zwischen der Person (oder Mehrzahl), welche die Vision treibt und produktverantwortlich ist („Product Owner“), und der Personen, die den Prozess und die Zusammenarbeit verantworten (z.B. OKR/Scrum/Agility Master). Diese prozessverantwortliche Stelle kann auch extern besetzt werden, wichtig ist jedoch ein gleichzeitiger Kompetenzaufbau im Team.
Eine Stärke der IKZ Digitale Kommune@Hessen ist das „stehende Team“ auf strategischer Ebene. Die „Paten“ der IKZ sind eingespielt, treiben zusammen die Vision und tragen diese mit in die Projekte. Inzwischen hat sich nach sechs erfolgreichen Förderprojekten gezeigt, dass dieses Modell hervorragend funktioniert. Für die einzelnen Projekte und das Operative werden zusätzliche Kolleginnen und Kollegen aus anderen Organisationseinheiten eingebunden oder IKZ-weit vernetzt oder neues Personal für den Förderzeitraum und häufig darüber hinaus eingestellt. Teilweise werden auch externe Berater oder Firmen dazu geholt. Wichtig ist das Commitment der Beteiligten der jeweiligen Städte auf das gemeinsame Projekt. In der IKZ wurde auch gelernt, dass es aufgrund der unterschiedlichen Strukturen nicht sinnvoll ist, dass jede Stadt mit der an der IKZ-beteiligten Organisationseinheit an jedem Projekt mitwirkt. So gibt es kleine Abweichungen in Projekten, wodurch allerdings gleichzeitig ein hohes Commitment sichergestellt ist, eine energiegeladene Allianz.
Neben den Förderprojekten hat sich in der IKZ eine Dynamik entwickelt, die in die ganzen Verwaltungen hineinwirkt. Bei großen Themen wie der Robotic Process Automation (RPA) oder konkret dem Wohngeldprozess denken die jeweiligen Organisationseinheiten direkt an die IKZ und stellen über die bekannten Schnittstellen Kontakte her, die sich zu Kompetenznetzwerken entwickeln.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Just Do It. Fangt an, Netzwerke zu bilden, startet Projekte, fragt bei der kommunalen Gemeinschaft nach und teilt eure Ergebnisse, Erlebnisse, Erfahrungen – gerne auch in der Umfrage https://www.digitalekommunehessen.de/2485.
Wir sind gespannt!
Text: Marius Müller, Leitung der Stabsstelle Digitalisierung der Stadt Offenbach am Main