Keynote-Sprecher 2024
Vorsitzender des Ausschusses Digitalisierung im Verband kommunaler Unternehmen (VKU),
CEO der Stadtwerke Lübeck Gruppe
1 In Ihrem Buch „Digitale Daseinsvorsorge: Stadtwerke als Treiber der digitalen Transformation für Kommunen, Land und Bund“ sprechen sie von der Bedeutung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Verwaltungen, Dienstleistern und Bürgern. Welche konkreten Strategien oder Maßnahmen sind Ihrer Meinung nach notwendig, um dieses Vertrauen zu stärken und nachhaltige Kooperationen aufzubauen?
Der enge Schulterschluss zwischen kommunalen Unternehmen mit Politik, Städten, Kommunen aber auch das Einbeziehen von Bürgerinnen und Bürgern ist entscheidend, damit die digitale Transformation in der Fläche gelingen kann. Ein essenzieller Faktor ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, die auf Transparenz, Beteiligung und Kommunikation basiert. Kommunale Unternehmen können dabei eine wichtige Schnittstelle zu den Kundinnen und Kunden vor Ort sein, da sie über das notwendige Wissen in der Region verfügen, teils eine große Digitalisierungsexpertise besitzen und als vertrauenswürdige Partner bereits Zugang zu wertvollen Daten in kritischen Infrastrukturen haben. Mit Blick auf die Datensouveränität von Städten und Kommunen sind dies entscheidende Aspekte, um sich nicht in die Abhängigkeit privater Großkonzerne zu begeben.
Folglich plädieren wir dafür, dass Städte und Kommunen aber auch kommunale Unternehmen bei Landes- oder Bundesinitiativen mit am Verhandlungstisch sitzen. Nur so können sie unmittelbar auf mögliche Anwendungs- und Umsetzungsprobleme hinweisen. Gleichzeitig muss von allen Beteiligten erkannt werden, dass es auch ein gesellschaftlicher Transformationsprozess ist. Ein Kulturwandel, der nur gelingen kann, wenn Teilhabe und Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sichergestellt sind.
2 Welche Best-Practice-Beispiele aus Ihrem Buch könnten als Vorbild für andere Kommunen dienen, die ihre digitale Transformation vorantreiben wollen? Was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren dieser Beispiele?
Ein Beispiel, das als Vorbild dienen kann, ist die Stadtwirtschaftsstrategie Darmstadts. Lange bevor andere Städte angefangen haben, mit Fördergeldern Smart City-Strategien zu schreiben, hat Darmstadt eine Stadtwirtschaftsstrategie entwickelt. Das Besondere: Die gesamte Stadtwirtschaft ist Teil der Strategie, wurde in die Erarbeitung eng einbezogen und arbeitet seitdem gemeinsam an übergreifenden Zielen. Diesen kooperativen Ansatz halte ich für bemerkenswert und vorbildhaft.
Ein weiteres Beispiel dafür, wie viel der enge Austausch und die starke Partnerschaft zwischen Stadt und Stadtwerk bewirken kann, zeigt sich in Lübeck. Wir betreiben seit 2019 ein stadtweites LoRaWan. Durch dessen Nutzung konnten während der Pandemiezeit in jedem Klassenzimmer über 2.700 Sensoren zur Messung der Luftqualität in Schulen installiert werden – in wenigen Wochen. Nur eines von vielen Vorhaben, bei dem wir die Digitalisierung der Schulen unterstützen. Und auch die Smart City-Plattform als Herzstück der Smart City-IT-Infrastruktur ist ein wichtiger Baustein der digitalen Souveränität in Lübeck und findet bereits in anderen Kommunen Anwendung.
Besonders entscheidend für den Erfolg aller Beispiele ist aus meiner Sicht aber der Austausch und die Nutzung bereits erfolgreicher Blaupausen. Denn das Rad muss und sollte nicht im Kleinen immer neu erfunden werden. Als Basis bedarf es Austauschformaten, bei denen die mit der Umsetzung vor Ort betrauten Akteurinnen und Akteure frühzeitig mit am Tisch sitzen.
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Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der digitalen Daseinsvorsorge in Deutschland? Gibt es spezifische Trends oder Technologien, die Ihrer Meinung nach besonders viel Potenzial haben, um die Stadt- und Regionalentwicklung nachhaltig zu beeinflussen?
Die wichtigsten Zukunftsthemen betreffen aus meiner Sicht die drei großen D: Dekarbonisierung, Dezentralisierung und Digitalisierung. Sie sind Grundlage der großen „Wenden“. Die digitale Daseinsvorsorge muss bei der Betrachtung als eigene und selbstverständliche Säule der Daseinsvorsorge verstanden werden, die Einfluss auf alle klassischen Säulen der Daseinsvorsorge hat.
Ein aktuelles Beispiel, was den Einfluss auf die verschiedenen Bereiche der Daseinsvorsorge zeigt, ist die kommunale Wärmeplanung. Derzeit stellt sie mit Sicherheit eine der größten Herausforderungen für Städte dar. Für sie wird wiederum ein digitaler Zwilling der Kommune benötigt, womit die Digitalisierung ins Spiel kommt. Sie ist somit zwingend notwendig, damit wir unsere großen gesellschaftlichen Themen wie Nachhaltigkeit, Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und digitale Souveränität lösen.
Um datenbasierte Entscheidungen zu treffen und Bürgerinnen- und Bürgerdienste zu optimieren, ist die Künstliche Intelligenz (KI) eine zunehmend genutzte Technologie. Darüber hinaus sehe ich großes Potenzial in der Nutzung von Smart City-Technologien, die eine effiziente Vernetzung von Infrastruktur, Energie und Mobilität ermöglichen. Auch Internet of Things (IoT) -Lösungen werden eine immer größere Rolle spielen, um Städte nachhaltiger zu gestalten, beispielsweise durch smarte Verkehrssteuerung oder intelligente Energieverteilung.